Startseite Publikation DKS – Die Kaufm. Schule Ausgabe 04/24 25 Jahre Zukunftsmotor Berufskollegs
Zum Start in das neue Schuljahr hat Schulministerin Dorothee Feller am 15. August Maßnahmen vorgestellt, um die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler weiter zu stärken und Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten. Auch wenn der Schwerpunkt dazu in der Grundschule liegen wird, freut sich der vLw mit den Kolleginnen und Kollegen über diese wichtige Weichenstellung. Allerdings sind sich alle Beteiligten auch darüber im Klaren, dass die Ergebnisse dieser Maßnahmen erst in frühestens sieben Jahre in den Berufskollegs wirken können.
Der vLw hat sich sehr über das Lob der Schulministerin und der anderen Festrednerinnen und -redner bei der Jubiläumsfeier zu „25 Jahre Berufskollegs“ am 24. Mai 2024 in Düsseldorf gefreut: „Die Berufskollegs bedienen exakt die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf und wirken somit als Zukunftsmotor genau dort, wo die dringend benötigten Fachkräfte von morgen – wie etwa Erzieherinnen, Köche, Tischler oder Fachinformatikerinnen – ausgebildet werden“, so Schulministerin Dorothee Feller (vgl. auch https://www.schulministerium.nrw/25-jahre-berufskolleg). Und dieser Motor muss aus Sicht des vLw mit Energie versehen, gewartet und weiterentwickelt werden.
Um unsere Berufskollegs für die Zukunft fit zu machen, hat der Landesdelegiertentag bereits am 23. Februar neun Leitanträge mit umfangreichen Maßnahmenbündeln diskutiert und beschlossen, die u. a. in der April-Ausgabe unserer Verbandszeitschrift nachzulesen sind. Der vLw ist sich der angespannten Haushaltssituation durchaus bewusst, allerdings herrscht mit allen Beteiligten Konsens, dass Berufsbildung weitere Investitionen erfordert. Gerade deswegen erwartet der vLw von der Landesregierung auch für das gerade begonnene Schuljahr weitere spürbare Signale und auch weitere Ressourcen.
Dies können u. a. die folgenden Ansatzpunkte sein, die sich aus einigen der beschlossenen Maßnahmen in den neun Leitanträgen ergeben.
Der vLw begrüßt es, dass die Schulministerin bei ihrer Pressekonferenz am 15. August auch ein Projekt mit 25 Pilotschulen zum Einsatz von KI vorgestellt hat und damit auch Erwartungen des vLw-Landesdelegiertentags im Februar 2024 aufgegriffen hat.
Neben diesem Pilotprojekt müssen aber auch unterschwellige Lösungen für möglichst alle 250 öffentlichen Berufskollegs zeitnah umgesetzt werden, wie sie in anderen Bundesländern im Norden oder Süden unserer Republik zum Schulalltag gehören. So haben Schleswig-Holstein und Bayern u. a. flächendeckend Fortbildungsprogramme und Zugang zu KI-Tools von fobbiz und anderen Apps bereitgestellt.
Auch wenn schon etliche Berufskollegs selbstständig und auf eigene Kosten ihren Kollegien und Klassen diese Zugänge ermöglichen, bleiben die Forderungen des vLw aus dem Leitantrag, den Einsatz von Werkzeugen künstlicher Intelligenz systematisch in allen Berufskollegs zu ermöglichen und pädagogische Programme/Apps zur KI landesweit bereitzustellen.
Flankierend müssen dazu auch die rechtlichen Rahmenbedingungen (u. a. Lernmittelfreiheitsgesetz) geändert werden, um eine befristete unentgeltliche Überlassung und/oder die Anschaffung von digitalen Lernmitteln für Lernende zu ermöglichen.
Die Bereitstellung von weiteren Planstellen für Schulverwaltungsassistenz war in der Agenda der letzten Landesregierung bereits ein wichtiger Schritt. Dies muss als Option konsequent ausgebaut werden, d. h. ab 2025 sollte jedem Berufskolleg je angefangener 50. Planstelle, ab 2026 je angefangener 30. Planstelle eine Schulverwaltungsassistenz zur Verfügung stehen, die nicht auf die Stellensituation angerechnet wird.
Um motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulverwaltungsassistenz zu gewinnen und deren Auswahl zu flexibilisieren, muss es eine Wahlmöglichkeit bezüglich der Eingruppierung bei der Ausschreibung für die Laufbahn des nichttechnischen Dienstes (entweder Laufbahngruppe 1.2 oder/und 2.1) geben. Um diese nichtpädagogischen Fachkräfte auch zu halten und leistungsstarken Beschäftigten den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, muss eine nichtpädagogische Laufbahn mit anteiligen Beförderungsstellen im Berufskolleg geschaffen werden (vgl. auch Leitantrag V).
Aus Sicht des vLw kann dies ein wichtiger Beitrag sein, um Lehrkräfte und Schulleitungen von administrativen Aufgaben zu entlasten und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Berufskolleg zu gewinnen und mittelfristig zu halten.
Der vLw hat bei dem am 14.12.2022 vorgestellten Handlungskonzept gegen Lehrkräftemangel inbesondere die Dimensionen „Lehrerausbildung“ und „Wertschätzung und Entlastung“ begrüßt. Leider hat man sich – auch in der Öffentlichkeit – in den letzten 18 Monaten zu sehr auf die dienstrechtlichen Maßnahmen fokussiert.
Um neue Lehrkräfte für das Berufskolleg zu gewinnen und die dort bereits tätigen Lehrkräfte zu halten, müssen
Auch hier hat der vLw in seinen Leitanträgen zur Steigerung der Attraktivität und zur Personaloffensive (vgl. Leitanträge III und VI) konkrete weitere Vorschläge zu geeigneten Maßnahmen formuliert.
Berufliche Bildung beinhaltet neben der Erstausbildung seit vielen Jahrzehnten auch die Weiterbildung. Auch hier leisten die Berufskollegs – neben vielen anderen Akteuren wie Kammern und privaten Weiterbildungsträgern – einen wichtigen Beitrag mit ihren Fachschulen. Dies kann sich aber nicht nur auf die Weiterbildung zum Bachelor professional (DQR 6) erstrecken.
Mit dem Leitantrag VI zu attraktiven Weiterbildungsperspektiven fordert der vLw nicht nur, in der Anlage E die Struktur der Angebote zu straffen und u. a. auch mehr asynchrone Distanzlernphasen (statt gegenwärtiger Selbstlernphasen) zu ermöglichen.
Vielmehr muss den Fachschulabsolventinnen und -absolventen eine attraktive Weiterbildungsperspektive eröffnet werden, die bei interessierten Berufskollegs durch einen 1.200-stündigen Bildungsgang mit dem Abschluss Master professional u. a. im Gesundheitsbereich und Mittelstand eingerichtet werden kann. Der vLw steht gerne bereit, dies gemeinsam mit dem Land und auf Bundesebene zeitnah anzugehen.
Auch zu Beginn dieses Schuljahres verlassen wieder viele Zugewanderte die Sek.-I-Schulen ohne Schulabschluss, die nun ihre weitere Schulpflicht im Berufskolleg erfüllen müssen, aber deren sprachliche Erstförderung formal abgeschlossen ist. Zusätzlich setzt sich der Trend fort, dass immer mehr schwächere Schülerinnen und Schüler mit dem mittleren Schulabschluss (früher FOR) sich in den Berufsfachschulen anmelden. Es ist lobenswert, dass die Landesregierung u. a. mit der Verantwortungskette und weiteren Neuerungen bei KAoA die Übergänge aus Sek.-I-Schulen verbessern und systematischer verankern will.
Der vLw sieht hier weiteren Handlungsbedarf:
Für zugewanderte Jugendliche, deren Erstförderung formal in der Sekundarstufe 1 abgeschlossen ist und die jetzt aufgrund fehlender Schulabschlüsse in die Ausbildungsvorbereitung aufgenommen werden müssen, muss es losgelöst von formalen Voraussetzungen weitere Perspektiven in einem Schuljahr geben, z. B. durch die Aufnahme in eine „IFK plus“ und die Förderung der Teilnahme an den bewährten Feststellungsprüfungen.
Darüber hinaus müssen schwache FOR-Schülerinnen und -Schüler durch eine stärkere – auch halbjahresbezogene – Modularisierung die Möglichkeit in einer neuen Anlage C x erhalten, sich im ersten Halbjahr anfangs fachbereichsübergreifend mit Lerninhalten und Praktika auszuprobieren und dann am Ende des ersten Halbjahres entweder im zweiten Halbjahr anrechenbare Teilleistungen für eine Berufsausbildung zum Ende des Schuljahres zu erwerben oder durch Zusatzkurse auf den FHR-Abschluss nach 1,5 Jahren vorbereitet zu werden.
Diese fünf Ansatzpunkte sind nur beispielhaft, zeigen aber aus Sicht des vLw, dass – analog zu der Initiative in den Grundschulen – auch die Berufskollegs als Zukunftsmotor weitere Reformen und Ressourcen benötigen.
Hilmar von Zedlitz-Neukirch
Landesvorsitzender
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