Intensiver Informations-und Meinungsaustausch auf
vLw-Schulleitungstagung

Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen – Bedeutung, Herausforderungen, Chancen

Schulleitungen aus ganz Nordrhein-Westfalen trafen sich zur vLw-Schulleitungstagung 2022. Neben einem intensiven Austausch unter Kolleginnen und Kollegen standen drei Themen mit entsprechenden Referenten im Mittelpunkt sowie ein Austausch zu aktuellen Themen.

Die Rolle des Berufskollegs im
nordrhein-westfälischen Bildungssystem

Prof. Dr. Dieter Euler, Professor für Wirtschaftspädagogik und Bildungsmanagement an der Universität St. Gallen/Schweiz, startete in die Schulleitungstagung mit einer 45-minütigen Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse seiner Studie „Die Rolle des Berufskollegs im nordrhein-westfälischen Bildungssystem – Leistungspotenziale, Herausforderungen und Ansätze zur Weiterentwicklung“. Das Ruhrgebiet fand besondere Berücksichtigung in der Studie, die von Landesregierung, RAG-Stiftung und der Stiftung Mercator finanziert und im Frühjahr dieses Jahres veröffentlicht wurde. Viele Fakten, die die Leistungsfähigkeit der Berufskollegs deutlich machen, ließen die anwesenden Schulleitungen aufhorchen, wie z. B. dass am Berufskolleg

  • 31% aller Sek II-Schülerinnen und Schüler vertreten sind sowie
  • 32,8 % der Hochschulzugangsberechtigungen,
  • 83 % aller Fachhochschulreifen und
  • 60 % der Hauptschulabschlüsse erworben werden.

Prof. Dr. Dieter Euler ging in seinem Vortrag pointiert auf den Ansatz der Studie, die Herausforderungen und Leistungen des Berufskollegs sowie ausgewählte Handlungsbedarfe ein. Als besondere Herausforderungen beschrieb Euler die Fachkräftesicherung im Strukturwandel, die soziale Integration von Jugendlichen mit Startnachteilen, die individuelle Persönlichkeitsentwicklung für alle sowie das Wirken gegen die Erosion der dualen Berufsausbildung.

Nach dieser Betrachtung leitete Euler die folgenden ausgewählten Handlungsbedarfe ab:

  • Abbau der Bugwelle im Übergangssektor
  • Reduzierung sozialer Disparitäten in Ausbildungszugang, -verlauf, -erfolg
  • Rekrutierung Lehrkräfte
  • Sicherung Fachklassenprinzip
  • Qualitative Weiterentwicklung der Bildungsangebote

Zahlreiche Nachfragen und ein intensiver Austausch schlossen sich dem Vortrag an.

Das Wirtschaftsgymnasium – gerade 2023/24 eine Wahl

Welche Besonderheiten und Vorteile das Wirtschaftsgymnasium hat und warum es gerade im kommenden Schuljahr besonderes Augenmerk verdient, machte Beatrix Heithorst, Vorsitzende des Ausschusses für Schul- und Bildungspolitik deutlich. So erhalten alle Absolventen die Allgemeine Hochschulreife (gleichwertig zum Abitur am Gymnasium/Gesamtschule) mit durchgehendem Berufsbezug in verschiedenen Unterrichtsfächern. Der gewählte Schwerpunkt (BWL) kann nur von Berufskollegs und von keiner allgemeinbildenden Schule geboten werden. Nur Berufskollegs bereiten somit auf einen Studienbereich vor, den 12 % aller Erstsemesterstudierenden aufnehmen. Auch auf eine Ausbildung im Berufsfeld „Wirtschaft und Verwaltung“ wird optimal vorbereitet. Dies ist insbesondere für Auszubildende wichtig – acht der 20 beliebtesten Ausbildungsberufe stammen aus diesem Bereich.

Beatrix Heithorst machte auch auf die zahlreichen Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung am Wirtschaftsgymnasium aufmerksam, wie z. B. im fremdsprachlichen Unterricht (europäische Schulprojekte, Auslandspraktika, Sprachzertifikate, BWL bilingual), bei der Studien- und Berufsorientierung (Kooperationen mit regionalen Unternehmen und Kammern, Fachhochschulen und Universitäten) und in Differenzierungsbereichen (Spezielle Wirtschaftslehre, Korrespondenz/Übersetzung, Mathematik in Kooperation mit Hochschulen, Kryptografie, Landeskunde, interkulturelle Kompetenz).

Eine gute Wahl für Schülerinnen und Schüler könnte das Wirtschaftsgymnasium vor dem Hintergrund der Umstellung von G8 auf G9 im Schuljahr 2023/24 sein. Im kommenden Schuljahr wird es aufgrund der Umstellung keine Einführungsphase (EF) geben und damit auch keine Q1 und Q2 in den folgenden Schuljahren. Eine EF wird es erst wieder zum Schuljahr 2024/25 geben.

2. Staatsexamen, Mitwirkung bei Gewinnung von Lehrkräften – das Leistungsspektrum des Landesprüfungsamtes

Die meisten Schulleitungen haben mit dem Landesprüfungsamt zu tun, wenn sie zur 2. Staatsprüfung eingesetzt werden. Was das Landesprüfungsamt darüber hinaus noch bietet und leistet, stellte Clemens Eichhorst vom Landesprüfungsamt für Lehrämter an Schule eindrucksvoll dar. Neben der Planung, Durchführung und Evaluation von Staatsprüfungen gibt es zwei weitere umfängliche Bereiche, in denen das Landesprüfungsamt wichtige Aufgaben zu erfüllen hat. Dies sind die Bereiche „Zentrale Dienste“, in denen Beratungsstellen und Eignungsprüfungen verortet sind, und „Qualitätssicherung/-entwicklung“, in denen Akkreditierungen vorgenommen und Lehrkräftewerbungen, also Maßnahmen zur Fachkräftesicherung im Lehrberuf initiiert werden.

In einer Live-Durchsicht der Webseite veranschaulichte Clemens Eichhorst das große Serviceangebot und
die Bedeutung des Landesprüfungsamtes NRW (www.
pruefungsamt.nrw.de) nachdrücklich. Ein Blick auf die Webseite lohnt sich nicht nur für Lehrkräfte und Schulleitungen, wenn es z. B. um Staatsprüfungen, OBAS oder VOBASOF geht, sondern auch für Schülerinnen, Schüler und Studierende, wenn es um Beratungsleistungen geht. Dabei werden Wege in den Lehrberuf aufgezeigt sowie Beratungsstellen für Lehrämter an Schulen und Praxissemester geboten. Ein umfangreicher Downloadbereich mit Unterlagen zu den Strukturbereichen „Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter“, „Ausbildungsschulen“, „ZfSL“, „Prüferinnen und Prüfer“ und „Sonstiges, Aktuelles, Termine“ ergänzt das Serviceangebot des Landesprüfungsamtes NRW sinnvoll.

Digitaloffensive NRW, Reform der Lehrerfortbildung, RBZB …

Letzter großer Themenbereich auf der Tagung am 22.11.2022 waren ein kollegialer Austausch und aktuelle Informationen u. a. zum Stand der Digitaloffensive NRW, der Reform der Lehrerfortbildung und zu regionalen Bildungszentren. Folgen des Erfahrungsaustausches und der teilweise intensiven Diskussionen waren Ideen, Impulse und Anregungen aus der Runde der Schulleitungen, die sicherlich in die Verbandsarbeit einfließen. Übereinstimmung bestand in der Wichtigkeit und Notwendigkeit einer regelmäßigen Zusammenkunft wie dieser Schulleitungstagung. Von daher freut sich der vLw, auch bei seiner nächsten Schulleitungstagung wieder viele Schulleitungsmitglieder und hochkarätige Referentinnen und Referenten begrüßen zu dürfen. Bitte merken Sie sich den Termin schon vor:

Jens Pätzold

Stellv. Landesvorsitzender

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