11Bildungspolitische Sprecher

Landtagswahl 2022

Acht Fragen des vLw an die Parteien

Frage 1: NRW benötigt weitere Personalressourcen für eine zielführende Fortführung der Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung, um in NRW den Fachkräftebedarf zu sichern und jungen Menschen Perspektiven zu geben. Wie viel Euro wollen Sie bis 2027 mehr für die berufliche Bildung im Haushalt vorsehen?

CDUKnapp 21 Milliarden Euro beträgt der Etat im Haushalt 2022 des Ministeriums für Schule und Bildung. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine Steigerung um 445 Millionen Euro. Insgesamt haben wir den Schuletat seit 2017 um knapp 18 Prozent gesteigert. Um berufliche Bildung zu stärken, haben wir zudem die „Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung“ mit fünf Handlungsfeldern und über 50 Maßnahmen mit mehr als 200 Handlungsschritten auf den Weg gebracht. Wir wollen die berufliche Bildung weiter stärken. Die möglichen Ausgaben bis 2027 zur jetzigen Zeit in Euro zu beziffern, ist zurzeit nicht möglich und abhängig von der allgemeinen Haushaltslage.

SPDZur Stärkung der beruflichen Bildung werden wir diese Maßnahmen angehen: Ausbau der Studienstandorte für das Lehramt an Berufskollegs (BKs), Ausbau der Kooperationen mit den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und praxisnähere Ausrichtung der Studieninhalte, um die Abbruchquote unter den Studierenden zu senken. Seiteneinsteiger:innen, insbesondere aus der fachlichen Praxis, werden wir stärker fördern und weiterbilden. Weitere pädagogische Stellen werden wir fest mit einplanen, damit inklusives Lernen und Lehren auch am BK möglich ist: Sonderpädagog:innen, Schulsozialarbeiter:innen sowie multiprofessionelle Teams an Schulen sind für uns elementar.  Für alle Maßnahmen müssen wir Geld in die Hand nehmen. Hierfür werden wir finanzielle Spielräume prioritär für Verbesserungen im Bereich Bildung nutzen. Im Rahmen der Ausbildungsgarantie, die durch eine Umlage von Unternehmen finanziert werden soll, die nicht ausbilden, werden wir die BKs finanziell unterstützen.

FDPDen mit der Agenda (zur Stärkung der beruflichen Bildung) eingeschlagenen Weg der schwarz-gelben Regierungszeit wollen wir weiter gehen. Mit einer Exzellenzinitiative Berufliche Bildung, dem Ausbau digitaler Ausbildungsangebote und der Öffnung der Begabtenförderung wollen wir in der beruflichen Bildung beste Rahmenbedingungen schaffen. Unsere Berufskollegs leisten in unserem Schulsystem eine wichtige Funktion. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Berufskollegs ihre Angebote im Rahmen von allgemeinen Informationsveranstaltungen an allen abgebenden Schulen vorstellen können, um jedem Talent die Chancen und Möglichkeiten der beruflichen Bildung zu eröffnen. Der Sanierungsbedarf der Einrichtungen der berufsschulischen Bildung soll zudem ermittelt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass dieser anschließend aus Bundesmitteln, nachrangig aus Landesmitteln, bspw. im Rahmen der Schulpauschale, gedeckt wird.

Bündnis 90/Die GrünenDie „Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung“ von CDU und FDP blieb hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück. Der strukturelle Lehrermangel (Kienbaumlücke) wurde nicht abgebaut, die Zahl der nicht besetzten Stellen hat einen Rekordwert erreicht. Für die Berufskollegs braucht es einen Einstellungskorridor, der die Chance bietet, Fachkräften direkt ein Stellenangebot zu machen. Die grundständige Lehramtsausbildung muss um qualitätsorientierte innovative Elemente und Zugänge erweitert werden. Duales Masterstudium, Öffnung der Zugänge zum Master of Education, bessere OBAS-Bedingungen für die zukünftigen Lehrkräfte und die Schulen sowie stärkere Unterstützung und Begleitung beim Berufseinstieg. Schulverwaltungsassistenz gehört verlässlich an jedes BK wie auch die Schulsozialarbeit und sonderpädagogische Kompetenzen. Allein in den beiden letzten Pandemiejahren ist fast eine halbe Milliarde Euro an den Finanzminister zurückgeflossen. Das darf nicht wieder passieren. Das Geld wäre bei den Schulen vor Ort und gerade auch BKs gut angelegt gewesen. Wir werden den Bildungsetat zudem in allen Bereichen wirksam aufstocken müssen.

Frage 2: Wie wollen Sie Lehrkräfte unterstützen und Unterrichtsversorgung in den Berufskollegs sicherstellen, z. B. durch

  • weitere 250 Stellen für nicht pädagogische Fachkräfte (z. B. Schulsozialpädagogik und Schulverwaltungsassistenz) und
  • den Ausbau der Stellenbesetzungsquote auf 110 % bis zum Jahr 2027?

CDUWir wollen modernste Berufsschulen in unserem Land. Daher werden wir eine Offensive für mehr Lehrpersonal und einen Modernisierungsschub beim Gebäudebestand auf den Weg bringen. Vor allem mit Schulverwaltungsassistenzen und multiprofessionellen Teams wollen wir Lehrkräfte entlasten. Um gezielt gegen den Lehrkräftemangel vorzugehen, hat die Landesregierung bereits vier Maßnahmenpakete auf den Weg gebracht. Einen wichtigen Beitrag kann auch der Ausbau der Studienberatung leisten, um den Studierenden die Attraktivität des Lehrerberufs an Berufskollegs näherzubringen. Weiterhin wollen wir uns verstärkt um die Professionalisierung des Seiteneinstiegs kümmern und ihn verbessern.

SPDWir werden eine Personaloffensive starten (siehe hierzu auch Frage 7 und 8), um die Lehrkräfte zu unterstützen und die Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Derzeit gibt es mehrere Finanztöpfe, aus denen die Schulsozialarbeit finanziert wird. Das sorgt für Verwirrung, Unsicherheit und auch dafür, dass reiche Kommunen sich mehr Schulsozialarbeit leisten können. Durch ein neues, einheitliches Finanzierungsmodell werden wir für mehr Klarheit und Verlässlichkeit sorgen. Schulen brauchen klare Personalschlüssel und die Beschäftigten einen Tarifvertrag. Die Pandemie hat gezeigt, dass die Schulpsychologie bislang unterrepräsentiert ist. Wir werden neue Stellen für die Schulpsychologie schaffen. Es ist wichtig, dass es Organisations- und Teamzeit für den Austausch zwischen den Professionen gibt. Hierfür werden wir sorgen. Gleiches gilt für Schulverwaltungsassistenzen. Sie sollen zur Unterstützung der Lehrer:innen und Schulleitungen auch an den BKs verstärkt werden.

FDPProfessionen wie Schulsozialarbeit, Sozialpädagogik, Schulpsychologie, Schulverwaltungsassistenz und viele weitere sind an unseren Schulen nicht mehr wegzudenken. Mithilfe multiprofessioneller Teams entstehen wertvolle Kompetenznetzwerke, die die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler verbessern. Wir wollen daher einen kontinuierlichen weiteren Stellenausbau vorantreiben und mehr Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen ausbilden sowie die Schulsozialarbeit kräftig ausbauen. Darüber hinaus wollen wir die Schulverwaltungsassistenz weiter stärken und die Schulträger dabei unterstützen, sogenannte „digitale Hausmeister“ in den Schulen einzusetzen. So wollen wir unsere Lehrkräfte spürbar entlasten, damit sie mehr Zeit im Klassenzimmer statt im Büro verbringen können.

Bündnis 90/Die Grünensiehe unter Frage 1

Frage 3: Digitalisierung in den Berufskollegs ist vielfältig. Wie finanzieren Sie den Berufskollegs nachhaltig eine geeignete schulische Infrastruktur mit einer Gigabit-Anbindung, ausreichender WLAN- und Hardwareausstattung sowie professionellen Lernmanagementsystemen und professioneller Anwendungssoftware?

CDUMit der „Gigabitstrategie Nordrhein-Westfalen Aktionsplan Schulen“ treibt die Landesregierung die Versorgung der Schulen mit Gigabitnetzen voran. Mit dem DigitalPakt Schule investieren wir über 1 Mrd. Euro in den Ausbau der IT-Infrastruktur an Schulen. Bis Ende des Jahres 2022 sollen alle Schulen angeschlossen sein. 2017 waren gerade mal 13 Prozent der Schulen in Nordrhein-Westfalen an ein leistungsfähiges Gigabitnetz angeschlossen. Bei der Digitalisierung kommt es vor allem auf die Fachdidaktiken für den gewünschten Lernerfolg an. Wir wollen die Lehrerinnen und Lehrer dazu befähigen, die Potenziale der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Wir wollen eine Digital-Pauschale einführen, damit Schulträger strukturell bei Endgeräten, digitalen Schul-Infrastrukturen und deren Betrieb unterstützt werden.

SPDZusätzlich zu unserem Programm „Gute Berufskollegs 2030“ und dem Ausbau der digitalen Infrastruktur an den BKs werden wir die digitale Ausstattung der Schulen aus Landesmitteln finanzieren. Denn digitale Endgeräte sind Lernmittel und müssen auch rechtlich als solche behandelt und in die Lernmittelfreiheit aufgenommen werden. Damit die schulische Digitalisierung ein Erfolg wird, werden wir gemeinsam mit dem Bund für schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. Dadurch treiben wir auch den flächendeckenden Gigabit- und 5G-Ausbau konsequent voran. Insgesamt wollen wir die Finanz- und Verantwortungs-beziehungen zwischen Schulen, Kommunen, Land und Bund neu regeln. Ein solcher New Deal garantiert eine auskömmliche Finanzierung – auch der Digitalisierung. 

FDPWir wollen sicherstellen, dass jede Schule über eine schnelle Internetverbindung, ein leistungsfähiges WLAN-Netz sowie über die notwendigen Geräte verfügt, die im schulischen Alltag eingesetzt werden. Zusammen mit den Schulträgern wollen wir dafür sorgen, dass unseren Schulen stets eine einsatzfähige Infrastruktur und aktuelle Soft- und Hardware zur Verfügung stehen. Die Digitalisierung an unseren Schulen wollen wir unter pädagogischen Gesichtspunkten modern und nachhaltig gestalten. Dieser Prozess muss unumkehrbar angelegt und dauerhaft finanziert (u. a. mithilfe des Digitalpakts 2.0 des Bundes) werden. Das Programm LOGINEO NRW wurde von der schwarz-gelben Landesregierung erfolgreich von Grund auf neu aufgesetzt. Auf diesem sehr guten Fundament können wir weiter aufbauen und es in Zukunft bedarfsgerecht und innovativ weiterentwickeln. Zudem werden wir im Rahmen einer Fortbildungsoffensive die Qualifizierung für Schulleitungen und Digitalisierungsexpertinnen und -experten in den einzelnen Schulen dauerhaft etablieren.

Bündnis 90/Die GrünenBildungsgerechtigkeit umfasst auch die digitale Teilhabe. Die Ausstattung aller Schüler:innen mit entsprechenden Endgeräten muss gewährleistet sein. Das gerade verabschiedete 16. Schulrechtsänderungsgesetz ist in dieser Hinsicht laut wissenschaftlichem Gutachten nicht ver-fassungskonform. Wieder wurde es zudem versäumt, digitale Lernmittel in der Lernmittelfreiheit zu verankern. Schulen brauchen eine funktionierende und leistungsfähige digitale Infrastruktur sowie strukturell gesicherten IT-Support, der nicht auf Kosten des Kollegiums geht. Das Land muss Ausstattungsstandards setzen. Die Finanzkraft einer Kommune darf nicht die Bildungschancen der Schüler:innen bestimmen. Die Datenschutzverantwortung darf nicht bei den Schulleitungen abgeladen werden und die digitalen Endgeräte der Lehrkräfte müssen für alle dienstlichen Aufgaben tauglich sein. 

https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/ausbildung-studium-anfaenger.html
Frage 4: Um die attraktiven Angebote der Berufskollegs und damit die Fachkräftesicherung zu stärken, müssen die Übergänge in die Berufsbildung verbessert werden. Wie erhöhen Sie bis 2027 die Übergangsquote aus den Sek. I-Schulen – außer durch umfassende Information in der Klasse 10 – in die Berufsbildung? 

CDUWir werden das Übergangssystem Schule – Beruf mit seinem Herzstück „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) so weiterentwickeln, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene schon in der Schule von den Vorteilen einer dualen Ausbildung überzeugen können. Damit sollen sie eine Entscheidungshilfe zugunsten eines zukunftsfähigen Berufslebens in einer dualen Ausbildung erhalten. Wir werden KAoA noch stärker auf die Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf ausrichten. Des Weiteren werden wir mit den zuständigen Kammern ein Konzept erarbeiten, wie allen Schülerinnen und Schülern Berufsfelderkundungen und Praktika in einem Handwerks- oder Industriebetrieb ermöglicht werden können. Wir wollen, dass junge Menschen verstärkt in den Schulen über ihre Erfahrungen mit der dualen Ausbildung berichten. 

SPDDer Übergang in das duale System muss besser begleitet werden. Hierfür stärken wir in den JGS 9 und 10 die Berufsorientierung und vertiefen die Kooperationen mit der Agentur für Arbeit. Um Übergänge zu vereinfachen, muss auch die Vernetzung der Sek. I-Schulen mit den Berufsschulen ausgebaut werden. Zusätzlich führt eine Stärkung der Potenzialanalyse dazu, dass Schüler/-innen ihre Stärken für eine berufliche Orientierung entdecken können. Die guten Angebote bzw. Bildungsgänge der Berufskollegs werden wir an allen Schulen bekannter machen. Kampagnen und stetige Wiederholungen sollen deutlich machen, dass der akademische und der berufsbildende Weg gleichberechtigt sind und beide eine hohe Wertigkeit haben. Dies müssen wir sowohl Eltern als auch Schüler(inne)n vermitteln. Das von uns eingeführte Erfolgsprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ werden wir stärken und weiterentwickeln, damit kein junger Mensch auf der Strecke bleibt. 

FDPWir wollen, dass im Rahmen der Berufsorientierung während der Schulzeit mehr praktische Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Bereichen gesammelt werden können. Wir fördern die Schulen der Sekundarstufe I als Partner der dualen Ausbildung und wollen deutlich früher als bisher die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern umfassend informieren. So sollen auch die beruflichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen in Ausbildungsberufen bekannter werden. Um ein gesellschaftliches Umdenken hinsichtlich der Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung zu erreichen, wollen wir zudem mit einer Qualitätsoffensive und einem Sonderinvestitionsprogramm Haupt-, Real- und Sekundarschulen stärken. Hierzu zählt auch der Ausbau der Vernetzung von Schulen und Ausbildungsbetrieben.

Bündnis 90/Die GrünenBildungsbiografien und der Blick auf die Chancen im BK entscheiden sich nicht erst im 10. Jahrgang. So früh wie möglich muss an allen Schulformen über Bildungswege und die Chancen informiert werden, die die berufliche Bildung bietet. Dazu gehören auch die möglichen Doppelqualifikationen – allgemeinbildend und beruflich. Die Attraktivität der Berufe sollte durch eine verstärkte Berufsorientierung und -beratung vermittelt werden. Es dominieren z. T. auch immer noch überkommene Berufsbilder. Die Veränderungen durch die Digitalisierung und die zukunftsrelevanten Inhalte sollten herausgestellt werden.

Frage 5: Zur Weiterqualifizierung von Fachkräften muss auch die schulische Weiterbildung an den Berufskollegs ausgebaut werden. Wie bewerten Sie Weiterbildungsangebote im Berufskolleg, die nach dem Bachelor Professional in der Fachschule (Anlage E) und max. 400 Stunden einen Master Professional ermöglichen?

CDUDie rechtliche Grundlage für die Abschlussbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ ist im Berufsbildungsgesetz geregelt. Dieses liegt in der Zuständigkeit des Bundes. Klar zu unterscheiden sind die vom Bundesrat beschlossenen Abschlüsse von den international anerkannten Hochschulabschlüssen. Mit der „Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung“ haben wir auch die Lehreraus- und -fortbildung an den Berufskollegs fest im Blick. Die Weiterbildung ist für uns ein unverzichtbarer Bestandteil der sich ständig verändernden Berufswelt.

SPDNach der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) gelten neue Bezeichnungen für den Abschluss von Fortbildungslehrgängen. Dies soll die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Abschlüsse sicherstellen, auch um national wie international eine Vergleichbarkeit der Qualifikationen zu ermöglichen. Diese Entwicklung begrüßen wir. Denn dies bedeutet, dass ein Meister:innen-Titel gleichwertig mit einem Bachelor of Arts ist. Meister:innen dürfen sich dadurch Bachelor Professional nennen. Noch mehr Anerkennung für Berufsausbildungen erreicht man durch den Ausbau des Bachelor Professional und die Anerkennung von modular erworbenen Qualifikationen. Wir setzen uns dafür ein, dass Handwerksmeister:innen die Möglichkeit gegeben wird, über Fort- und Weiterbildungsangebote auch den Master Professional zu erwerben. Dies sichert Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven. Zusätzlich wird die Mobilität innerhalb Deutschlands und sogar europaweit gefördert. 

FDPDie Bildungsgänge der Anlage E sind ein wichtiger und seit vielen Jahren erfolgreicher Baustein des Weiterbildungsangebotes innerhalb der höheren Berufsbildung, die es zu stärken gilt. Darüber hinaus sollen, parallel zum Meisterabschluss im Handwerk, Abschlüsse der höheren Berufsbildung durch die Industrie- und Handelskammern, wie unter anderem der Fachwirt, als Master-Professional-Abschluss mit einem akademischen Masterprogramm ebenfalls wechselseitig verknüpft werden. Um dies zu gewährleisten, wollen wir die Qualität in der beruflichen Bildung weiter deutlich stärken, unter anderem durch Exzellenz-Berufskollegs und Exzellenz-Weiterbildungsakademien für die berufliche Bildung.

Bündnis 90/Die GrünenDer Weg über den Bachelor Professional und Master Professionell muss geebnet und unterstützt werden. Viele Lehrkräfte an den BK kommen „aus dem System“ und wissen es daher zu schätzen. Es braucht auch berufsbegleitende Möglichkeiten zur Weiterqualifikation, die durch Entlastungen erleichtert werden müssen.

Frage 6: Nur eine attraktive Laufbahn für Lehrkräfte sichert langfristig den Lehrkräftenachwuchs im Berufskolleg. Wie unterstützen Sie dies, z. B. durch

  • Erhalt der Beförderungsmöglichkeiten wie A14/EG14 und A15/EG15 oder
  • Zurruhesetzung für alle Lehrkräfte am Monatsende nach Erreichen der Altersgrenze?

CDUUns ist die Attraktivität des Lehrerberufs ein wichtiges Anliegen. Nicht nur, um den Lehrkräftenachwuchs zu sichern, sondern auch als Zeichen der Wertschätzung für alle Lehrerinnen und Lehrer, die einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft leisten. Unter anderem deshalb haben wir bereits viele Maßnahmen umgesetzt, von denen die Lehrerinnen und Lehrer direkt profitieren. Wir haben u. a. auch das Tarifergebnis 2021 1:1 auf den Beamtenbereich übertragen. Dadurch erhielten die Lehrkräfte eine einmalige steuerfreie Corona-Sonderzahlung von 1.300 Euro. Hinzu kommt die Erhöhung der Besoldung ab 1.12.2022 um 2,8 %. Wir haben die Kostendämpfungspauschale abgeschafft. Wir sichern unseren besten Absolventinnen und Absolventen in der Lehrerausbildung jedes Jahr eine Einstellung zu – unabhängig vom tatsächlichen Bedarf (Einstellungskorridor).

SPDFür die Frage nach einem Ausbau der Beförderungsmöglichkeiten wollen wir ein Gesamtkonzept erarbeiten, welches auch die Fragen nach einer Reduzierung der Pflichtstundenzahl, Anhebung von Anrechnungsstunden sowie der Unterstützung an Schulen durch andere Berufsgruppen betrachtet und gemeinsam klärt. Denn vor dem Hintergrund des eklatanten Lehrkräftemangels und der weiteren Herausforderungen im Bildungssystem ist dies nicht gleichzeitig leistbar. Ein Eintreten in den Ruhestand am Monatsende nach Erreichen der Altersgrenzen wird den Lehrkräftemangel verschärfen, da diese Lehrkräfte im laufenden Unterrichtsbetrieb eingeplant wurden. Ein kurzfristiger Lehrer:innenwechsel bedeutet für viele Schüler:innen eine große Umstellung und Stress z. B. während wichtiger Phasen wie der Abiturvorbereitung oder nach einem frischen Übergang in die weiterführende Schule. Daher plädieren wir für ein Fortbestehen der Regelung des Eintritts in den Ruhestand zum Ende eines Schulhalbjahres. 

FDPUnsere Lehrkräfte verdienen faire Vergütung und Arbeitsbedingungen. Wir wollen die Lehrkräftebezahlung neu ordnen. Wir müssen jenseits der Einstiegsbesoldung auch Beförderungsämter und eine faire Lösung für die Bestandslehrkräfte in den Blick nehmen. Für den Schuldienst sind verlässliche und sichere Beschäftigungsverhältnisse auch im Tarifbereich von großer Bedeutung. Deshalb sollen noch vorhandene Kettenbefristungen weiter zurückgeführt und möglichst beendet werden. Hierfür schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen, damit unbefristete Beschäftigung vor allem auch für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger verstärkt angeboten werden kann. Zusätzlich wollen wir die Laufbahn flexibilisieren und „Praxislehrer“ als Seiteneinsteiger mit entsprechenden Qualifikationen auch vorübergehend einstellen. Andersrum soll es auch grundständig ausgebildeten Lehrkräften ermöglicht werden, befristet einer anderen Tätigkeit nachzugehen und später wieder in den Schuldienst zurückzukehren.

Bündnis 90/Die GrünenWir müssen den Lehrberuf dringend attraktiver machen, um die Unterrichtsversorgung sicherstellen zu können. Dazu gehört aus unserer Sicht erstens eine Entlastung der Lehrkräfte durch multiprofessionelles Personal von der Schulsozialarbeit bis zur IT-Administration. Zweitens brauchen wir eine Neudefinition der Lehrerarbeitszeit, die die gewachsenen Aufgaben (Beratung, Teambesprechung, Vernetzung) berücksichtigt und damit verbunden eine schrittweise Senkung des Stundendeputats. Damit wollen wir bei den Schulen in Sozialräumen mit besonderen Herausforderungen beginnen. Drittens gehören bessere Perspektiven für die Eingruppierung in der Besoldung, die Laufbahn- und Weiterqualifikationsmöglichkeiten dazu. Das gilt besonders auch für die Werkstatt-, Fach- und Technischen Lehrkräfte. 

Frage 7: Aktuelle Studien prognostizieren bis 2030 einen enormen Lehrkräftemangel im Berufskolleg. Wie sichern Sie die fachspezifische Lehrerversorgung im Berufskolleg, z. B. durch einen Einstellungskorridor für Lehrkräfte mit berufsspezifischen Fächern über Bedarf oder flexiblere Lebensarbeitszeitmodelle?

CDUDie Landesregierung hat nach sieben Jahren im Jahr 2018 eine Aktualisierung der Lehrkräftebedarfsprognose vorgenommen. Mit vier Maßnahmenpaketen zur Lehrkräftegewinnung ist die Landesregierung den Lehrkräftemangel angegangen. Um noch stärker auf die Bedarfe und neue Forschungsergebnisse eingehen zu können, werden wir das Lehrerausbildungsgesetz (LABG) evaluieren und reformieren. Wir starten eine Mangelfach-Offensive und wollen bessere Anreize für Studierende schaffen.

SPDDie bisherigen Einstellungstermine werden leider nicht ausreichen, um die Absolvent(inn)en auf dem Markt in den Schuldienst zu bringen. Damit alle Lehramtsabsolventen aus den Maßnahmen des Ausbaus der Studienkapazitäten, den Kooperationen mit den HAWs sowie dem Seiteneinstieg gezielter eine Planstelle antreten können, werden wir zusätzliche unterjährige Einstellungsverfahren ermöglichen, damit keine Absolventen in andere Bereiche abwandern. Für die fachspezifische Lehrereinstellung an BKs muss die Ausschreibung der Stellen über das Landesportal hinausgehen und müssen neue Wege der Stellenausschreibung eingeschlagen werden. Insgesamt muss eine funktionale Passung zwischen der Beendigung des Referendariats und der Einstellung erfolgen. Gleichzeitig verbessern wir die Arbeitsbedingungen an den Berufskollegs durch mehr Familienfreundlichkeit und durch eine Abkehr von starren Laufbahn-Mustern und durch die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten. 

FDPWir wollen den Lehrkräftemangel strukturell beheben, indem wir die Kapazitäten der Ausbildung von Lehrkräften für die Berufskollegs ausbauen und den Zugang zum Studium erleichtern. Zu diesem Zweck wollen wir mit den Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften Modelle der Lehrerausbildung für den Bereich der beruflichen Bildung entwickeln. Zudem streben wir mit den Hochschulen einen Pakt für mehr Qualität in der Lehrerausbildung an. Mit mehr Flexibilität in der Lehrkräfte­laufbahn sorgen wir dafür, dass Personen mit entsprechenden Qualifikationen als „Praxislehrer“ ihre Erfahrungen und ihr Wissen an Berufsschulen vermitteln können und zugleich dem Lehrkräftemangel entgegenwirken.

Bündnis 90/Die GrünenDie zuletzt von CDU und FDP vorgenommene Fehlsteuerung in der LZV muss umgehend korrigiert werden. Die vom vLw angemahnten Änderungen sind richtig. Die Novelle der Lehrerausbildung muss entsprechend direkt nach der Landtagswahl angegangen werden. Darüber hinaus müssen die Hürden beim Seiten- und Quereinstieg abgebaut werden. Wir brauchen bessere Angebote der Qualifizierung und Unterstützung durch Ressourcen. Es gibt nicht eine zentrale Lösung, sondern es ist ein Bündel von Maßnahmen notwendig, um dem sich zuspitzenden Lehrkräftemangel entgegenwirken zu können.

Frage 8: Auch eine innovativere Lehrkräfteausbildung kann dem Mangel präventiv begegnen. Wie wollen Sie die originäre Ausbildung für das Lehramt am Berufskolleg an den Universitäten ergänzen, z. B. durch mehr Kooperationen mit Hochschulen, flexibleren Quereinstieg in Duale Master o. mehr Lehramtskombination?

CDUWir unterstützen den Ausbau der Kooperationen von Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaft bei der Ausbildung von Lehrkräften für Berufskollegs. Wir werden die exzellente (empirische) Forschung im Bereich der Lehrerbildung stärker fördern und vernetzen und insbesondere für die Lehrerfortbildung verstärkt nutzbar machen. Wir werden die Hochschulen verstärkt in die Lehrerfortbildung einbeziehen und entsprechende Angebote fördern.

SPDEs braucht einen deutlichen Ausbau der Studienkapazitäten an den Universitäten. Partnerschaften für die Lehrkräfteausbildung müssen geknüpft und bestehende vertieft werden. Daher werden wir die Kooperationen mit den HAWs für die Lehrkräfteausbildung an BKs ausbauen. An neuen und alten Studienorten wollen wir die Studieninhalte praxisnäher ausrichten und somit die Abbruchquote unter den Studierenden verringern. Wir werden den Seiteneinstieg öffnen und praktische Berufserfahrungen anerkennen, um erfahrene Fachkräfte an BKs zu gewinnen. Insbesondere bei Werkstattlehrer:innen, die einen Meister:innentitel haben, werden wir Aufstiegsmöglichkeiten schaffen. Gleichzeitig gilt es, Seiteneinsteiger:innen, z. B. Meister / Masters Professional aus dem Handwerk zu fördern und weiterzubilden. Auch sie brauchen eine Perspektive auf berufliche Sicherheit und Qualifizierung. Mit unserem Programm „Gute Berufskollegs 2030“ werden BKs wieder attraktive Lehr- und Lernorte, für die wir neue Fachkräfte gewinnen wollen. 

FDPLeider schließen nicht alle Lehramtsstudierenden ihr Studium erfolgreich ab, obwohl in der derzeitigen Situation jede Lehrkraft wichtig ist. Um dem entgegenzuwirken, wollen wir den Praxisbezug im Lehramtsstudium stärken. So können angehende Lehrkräfte besser auf ihre Tätigkeit in der Schule vorbereitet werden und bereits frühzeitig im Studium entscheiden, ob sie sich ein Berufsleben als Lehrkraft vorstellen können. Wir wollen auch mehr Praxisphasen im Lehramtsstudium schaffen, damit die Studierenden die Theorie schon früh vor der Schulklasse anzuwenden lernen. Dafür wollen wir unter anderem ein Praxissemester bereits im Bachelorstudium verankern, welches – auch im Master-studium – keine Frage des Geldes sein darf. Wir wollen deshalb eine Aufwandsentschädigung in den Praxissemestern des Lehramtsstudiums orientiert am BAföG einführen. Unser Ziel ist, die Lehrkräfteausbildung in ein berufsintegriertes Studium umzuwandeln.

Bündnis 90/Die Grünensiehe unter Frage 7

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Hilmar von Zedlitz-Neukirch

Landesvorsitzender

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