Fachkräftesicherung durch Weiterbildung – Bachelor und Master Professional in der Fachschule nötig

Nach der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes zum 01.01.2020 wurde im Schuljahr 2020/2021 auch den Berufskollegs das Recht eingeräumt, Absolventinnen und Absolventen eines mind. 1.800 Wochenstunden (für den DQR 6) umfassenden Bildungsgangs der APO-BK Anlage E (vgl. § 7 APO-BK Anlage E) als zusätzliche Abschlussbezeichnung den „Bachelor Professional“ zu verleihen.

Bachelor Professional seit 2020 in Fachschule

Damit wurde eine Forderung des vLw erfüllt, die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung auch im schulischen Bereich zu erzielen.

Die neue Bezeichnung unterstreicht das hohe Qualifika-tionsniveau der beruflichen Bildung und ist international verständlich.

Bei Beratungsgesprächen vor Eintritt in den Fachschulen für Wirtschaft konnten die beratenden Lehrerinnen und Lehrer in den letzten drei Jahren feststellen, dass auch bei künftigen Absolventinnen und Absolventen die Abschlussbezeichnung „Bachelor Professional“ die Attraktivität der Fachschulen gesteigert hat. Aber auch für die vielfach mittelständischen Unternehmen, die die Fachschulabsolventinnen und -absolventen gerne aufgrund ihres hohen Praxis- und häufig auch Regionalbezugs rekrutieren, führt die neue Bezeichnung zu einer noch besseren Akzeptanz.

Dank der einheitlichen, europaweit anerkannten Bachelor-Abschlüsse wird die Weiterbildung an den vielfältig aufgestellten Fachschulen an den Berufskollegs auch für eine betriebliche Personalentwicklung noch transparenter und es wird die internationale Mobilität der Fachkräfte nochmals erhöht.

Angesichts des immer größer werdenden Fachkräftebedarfs muss dieser erfolgversprechende Ansatz weiterverfolgt werden.

Gerade für mittelständische Anbieter im zukunftsträchtigen Gesundheits-, Bildungs- und Dienstleistungsbereich, für die es weniger Weiterbildungsangebote von Kammern und Innungen gibt, muss es über die bereits bestehenden Aufbaulehrgänge passgenaue und attraktive Weiterbildungsangebote geben.

Darüber hinaus ist eine staatliche Weiterbildung – trotz vieler Weiterbildungszuschüsse auf Bundes- und Landesebene – gerade für einkommensschwächere und jüngere Fachkräfte in einer Familienbildungsphase eine attraktive und interessante Alternative zu privaten Weiterbildungsangeboten.

Hier kann und muss das Land aktiv werden, indem es die Expertise der Berufskollegs nutzt und den derzeitigen Rechtsrahmen der 25 Jahre alten APO-BK erweitert.

Reform der derzeitigen Fachschulen

Angesichts der jetzt schon großen Bedeutung der Fachschulen ist es auch nicht verwunderlich, dass die Weiterentwicklung der Fachschulen und deren Verankerung in der jeweiligen Bildungsregion in vier der sieben Schulversuche „Regionales Bildungszentrum der Berufskollegs“ (RBZB) als ein Schwerpunkt gewählt wurde.

Auch aufgrund der internen Beratungen im vLw-Arbeitskreis RBZB, im vLw-Bildungsausschuss und in den vLw– Vorstandsgremien ist es sehr wichtig, die Rahmenbedingungen für die Anlage E der APO-BK weiter zu optimieren.

Dazu gehört einerseits der sich abzeichnende Gestaltungsfreiraum (in Form konkreter Wochenstundenanteile) für synchrone und asynchrone Distanzlernformate auch in den Fachschulen, den die jeweiligen Bildungsgangkonferenzen je nach Schwerpunkt, Region und anderen Bezugsgrößen verbindlich konkretisieren können. Dabei muss andererseits auch das Konstrukt der jetzigen Selbstlernphasen (gerade in Abgrenzung zu asynchronen Distanzlernphasen) kritisch analysiert und nach Meinung des vLw neu definiert werden.

Diese Neukonzeption muss inhaltlich geeignete Anpassungen bei den Bildungsplänen und auch in den Prüfungsformaten umfassen.

Insoweit begrüßt der vLw die Einrichtung der Arbeitsgruppe auf Landesebene, die hierzu entsprechende Ideen und deren mögliche Umsetzung zusammentragen soll.

Für die Umsetzung in den Berufskollegs und in den Regionen bedarf es danach neben neuen Rahmenbedingungen auch geeigneter Ressourcen, u. a. in Form einer möglicherweise besseren Schüler-Lehrer-Relation in der Anlage E, Stundenanteile für die konkrete Ausgestaltung einzelner Fachschulschwerpunkte und konkreter Fortbildungsangebote für Lehrkräfte in der Anlage E.

Darüber hinaus hält der vLw angesichts der rasanten Transformation von Bildungs- und Arbeitswelt eine berufskolleg-interne Anschlussperspektive für erfolgreiche Bachelor Professionals für erforderlich.

Master Professional in Fachschulen als Option

Das 25-jährige Jubiläum der APO-BK kann ein guter Anlass sein, eine Anlage F mit mind. 1.200-stündigen Bildungsgängen zu schaffen und so mit der Eingangsvoraussetzung „Bachelor Professional“ aus der Anlage E einen „Master Professional“ zu vermitteln.

Die bereits existierenden 600-stündigen Aufbaulehrgänge Sozialmanagement, Existenzgründung und Unternehmensmanagement könnten erweitert werden, um so künftigen Führungskräften bei Gesundheits- und Pflegedienstleistern, Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und anderen mittelständischen Unternehmen Berufsperspektiven und Karrierechancen mit EU-weit anerkannten Abschlüssen zu ermöglichen.

Das von der Landesregierung angestrebte klimaneutrale Industrieland NRW benötigt mittelständische Unternehmen als Innovationsmotoren mit hoch qualifizierten Fachkräften.

Um diesen enormen Fachkräftebedarf in Nordrhein-Westfalen zu sichern, muss die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung noch umfassender vorangetrieben werden.

Dies kann nicht ohne die Berufskollegs erfolgen – und hier sieht der vLw noch ein erhebliches Ausbaupotenzial. Ein wichtiges Signal wäre der baldige Rechtsrahmen für einen „Master Professional“ an unseren Fachschulen.

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Beatrix Heithorst

Vorsitzende Ausschuss Schul- und Bildungspolitik

Hilmar von Zedlitz-Neukirch

Landesvorsitzender

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