Digitalisierung

Mit ChatGPT und Co. zu mehr Effizienz im Arbeitsalltag? – Chancen und Grenzen des Einsatzes textgenerierender KI in der Unterrichtsvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung

Die rasante Entwicklung von Technologie hat auch vor den Schultüren nicht haltgemacht. In den letzten Jahren hat künstliche Intelligenz (KI) in verschiedenen Lebensbereichen Einzug gehalten und unser Leben nachhaltig beeinflusst. Auch im Arbeitsalltag der Lehrerinnen und Lehrer eröffnen sich durch den Einsatz von textgenerierender KI spannende Möglichkeiten.

Was versteht man unter textgenerierender KI?

Eine textgenerierende KI wie ChatGPT oder Google Bard ermöglicht es, maschinell Texte zu erstellen, die von menschlichem Schreibstil kaum zu unterscheiden sind. Die KI nutzt dabei die Technik des Machine Learning, insbesondere die Technik des Natural Language Processing und des Deep Learning, um Texte zu verstehen, zu analysieren und auf dieser Grundlage neue Texte zu erzeugen. Solche textgenerierenden KI-Modelle werden zunächst auf Basis großer Datensätze trainiert, um Sprachmuster, Grammatik, Syntax und semantische Zusammenhänge zu lernen. Anschließend nutzen sie diese Informationen, um auf Anfrage oder Anweisung von Nutzerinnen und Nutzern, d. h. nach Eingabe sogenannter Prompts, als Chatbot so zu antworten, dass der Eindruck einer menschlichen Kommunikation entsteht.

Wie können Lehrerinnen und Lehrer textgenerierende KI nutzen?

Die textgenerierende KI bietet nicht nur Möglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für Lehrerinnen und Lehrer. Hier sind einige Nutzungsoptionen, wie die KI den Lehrenden im Unterrichtsalltag zur Seite stehen kann:

Bei der Unterrichtsvorbereitung:

  • Erstellung von Unterrichtsmaterialien: Die KI kann Lehrerinnen und Lehrer bei der Erstellung von Lehrmaterialien unterstützen. Ob es sich um Arbeitsblätter, Übungen oder Präsentationen handelt, die KI kann beispielsweise mutter- oder fremdsprachliche Texte erstellen und korrigieren, Mathematikaufgaben entwickeln und berechnen, Computerprogramme schreiben, Ergebnisse überarbeiten oder Beispiele anführen.
  • Vorbereitung von Unterrichtsstunden und -reihen oder Lernpfaden: Lehrerinnen und Lehrer können sich mithilfe der KI Vorschläge für die Planung einzelner Unterrichtsstunden oder ganzer Unterrichtsreihen machen lassen oder verschiedene, niveauangepasste Lernpfade für ihre Schülerinnen und Schüler entwickeln lassen.
  • Anfertigung individualisierter Lernmaterialien: Die KI kann individuelle Lernpläne erstellen, die den Bedürfnissen und Fähigkeiten einzelner Lernender gerecht werden.
    Sie kann Lehrerinnen und Lehrer bei der Umsetzung eines binnendifferenzierten Unterrichts unterstützen, indem sie durch die Verwendung einfacher Sprache oder Hinzufügung von Erklärungen Materialien für
    Schüler und Schülerinnen mit besonderen Bedürfnissen erstellt.
  • Erstellung von Lernsituationen: Der Einsatz textgenerierender KI kann auch bei der Entwicklung von Lernsituationen im Rahmen der Arbeit an didaktischen Jahresplanungen hilfreich sein.

Bei der Unterrichtsdurchführung:

  • Interaktive Unterrichtsgestaltung: Die KI kann als virtueller Assistent während des Unterrichts fungieren, der Fragen der Schülerinnen und Schüler beantwortet.
  • Echtzeit-Feedback: Während des Unterrichts können Lehrkräfte die KI nutzen, um Echtzeit-Feedback für die Schülerinnen und Schüler zu generieren. Die Ergebnisse bzw. das Feedback der KI können im Rahmen der Förderung von Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler gemeinsam reflektiert und bewertet werden.

Bei der Unterrichtsnachbereitung:

  • Automatisierte Korrektur: Die KI kann Lehrerinnen und Lehrer bei der Korrektur und Auswertung von Tests und Prüfungen unterstützen. Schemata für Punktevergabe und Kommentare können automatisiert erstellt werden.
  • Leistungsbewertung und Fortschrittsanalysen: Mittels KI können Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler analysiert und dokumentiert werden und Leistungsbeurteilungen erstellt werden, die ggf. als Grundlage für Elterngespräche dienen können.
  • Systematisierung und Analyse von Fehlern: Die KI kann Fehler systematisieren, ganze „Fehlermuster“ in Texten erkennen und auf diese Weise Lernschwierigkeiten bei einzelnen Lernenden identifizieren, sodass u. U. auch mithilfe der KI individuelle Fördermaßnahmen geplant werden können.

Was gilt es bei der Nutzung von textgenerierender KI zu beachten?

Obwohl textgenerierende KI beeindruckende Ergebnisse erzielen und sich in vielen Bereichen als sehr nützlich erweisen kann, gibt es praktische sowie rechtliche Rahmenbedingungen, die bei ihrem Einsatz unbedingt zu beachten sind:

  1. Die KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wurde. Der generierte Text sollte immer mit einem kritischen Blick auf seinen Wahrheitsgehalt oder das in ihm zum Ausdruck gebrachte Werteverständnis überprüft werden. Die Datensätze, die zum Training textgenerierender KI-Modelle verwendet werden, enthalten
    u. U. Vorurteile, diskriminierende und nicht wahrheitsgemäße Inhalte. Bevor der KI-generierte Text verwendet wird, sollten Lehrpersonen sicherstellen, dass er den von ihnen gewünschten Kriterien entspricht und den pädagogischen Zwecken dient. Letztlich ist auch von Interesse, ob die Datenbasis, mit der die KI trainiert wurde, aktuell ist oder veraltet. Auch dies kann die Richtigkeit und den Wahrheitsgehalt eines KI-generierten Textes maßgeblich beeinflussen.
  2. Der mit KI erstellte Text ist nur so gut wie das Prompting, mit dem er generiert wurde. Der Prompt sollte im Kontext des behandelten Unterrichtsgegenstandes klar und konkret formuliert sein, um sicherzustellen, dass die KI genau versteht, was gefragt wird. Vage oder mehrdeutige Anfragen können zu ungenauen oder unerwünschten Ergebnissen führen. Er sollte zudem eine adäquate Anzahl von Worten aufweisen und Anweisungen zum ggf. gewünschten Stil oder Ton des zu generierenden Textes enthalten. Ein offenes, wertneutrales Prompting führt zu interpretationsfähigen Ergebnissen und fördert im Rahmen des 4K-Konzeptes letztlich kritisches Denken und den freien Meinungsaustausch.
  3. Einhaltung des Datenschutzes: Datenschutz ist für die Nutzung von textgenerierender KI durch Lehrerinnen und Lehrer von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit und Integrität von sensiblen Personendaten zu gewährleisten, rechtlichen Anforderungen zu entsprechen und Vertrauen in die Anwendung von KI im Bildungsbereich aufzubauen. Lehrerinnen und Lehrer müssen sicherstellen, dass angemessene Datenschutzmaßnahmen getroffen werden, um die Privatsphäre insbesondere der Schülerinnen und Schüler zu schützen.

Die Nutzung von KI durch Lehrpersonen bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Lehrerinnen und Lehrer können textgenerierende KI bei der Erledigung einer Vielzahl von ansonsten zeitaufwendigen Aufgaben gewinnbringend einsetzen. Ein gutes Prompting vorausgesetzt, kann ihr Einsatz zu sehr guten Resultaten und in der Folge zu einer echten Arbeitsentlastung für Lehrerinnen und Lehrer führen, die Freiräume in Form von wertvollen Zeit- und Energieressourcen entstehen lässt, auf die die Kolleginnen und Kollegen zugreifen können, um sich auf andere wesentliche Aufgaben zu konzentrieren, wie z. B. auf die individuelle Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler. Die Nutzung der KI eröffnet somit Möglichkeiten zur Steigerung der Arbeitseffizienz. Will man das volle Potential textgenerierender KI bei gleichzeitiger Risikominimierung ausschöpfen, so bedeutet dies, dass Lehrerinnen und Lehrer mit der künstlichen Intelligenz unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften und der vom MSB vorgegebenen praktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei stets kritischem Blick auf die Qualität der KI-generierten Inhalte und Texte insgesamt reflektiert und verantwortungsbewusst umgehen.

 

  1. Das Programm des amerikanischen Unternehmens OpenAI ist im Browser oder als App nutzbar. Die Endung „GPT“ steht für „Generative Pre-trained Transformer“.
  2. Google Bard ist ein von Google entwickelter Chatbot, der seit Juli 2023 uneingeschränkt in Europa verfügbar ist.
  3. Maschinelles Lernen oder engl. Machine Learning bezeichnet den Bereich der künstlichen Intelligenz, bei dem Algorithmen und statistische Modelle dazu verwendet werden, um auf Basis von Erfahrungen und Daten zu lernen und dadurch Aufgaben zu erfüllen, ohne explizit dafür programmiert worden zu sein.
  4. Natural Language Processing (NLP) bezeichnet die Technik der natürlichen Sprachverarbeitung und damit einen Bereich der künstlichen Intelligenz, der sich mit der Interaktion und Verarbeitung von menschlicher Sprache durch Computer befasst.
  5. Deep Learning bezeichnet einen Teilbereich des maschinellen Lernens, bei dem künstliche, komplex strukturierte neuronale Netzwerke verwendet werden, um automatisch Muster aus Daten zu lernen. Neuronale Netzwerke sind dem Aufbau des menschlichen Gehirns nachempfunden. Sie sind aus Knoten, sogenannten Neuronen, aufgebaut. Je komplexer die Netzwerke sind, desto besser ihre Problemlösungskapazität und desto menschlicher wirken die Ergebnisse der KI.
  6. Der Begriff Prompting bzw. das Schreiben von Prompts bezeichnet die Eingabe von Anfragen und Befehlen in eine generative KI mit dem Ziel der Generierung des gewünschten bzw. bestmöglichen Ergebnisses.
  7. Ein Chatbot ist eine KI-Anwendung, die entwickelt wurde, um menschen-ähnliche Unterhaltungen mit Nutzerinnen und Nutzern zu führen.
  8. Hier sind unterschiedliche Textsorten zu nennen, wie z. B. Gedichte, Geschichten oder Märchen oder Briefe, Zeitungsartikel, Zusammenfassungen, Übersetzungen, Kommentare, Interpretationen oder Analysen u. v. m.
  9. Das Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW weist darauf hin, dass keine sensiblen persönlichen Daten der Schülerinnen und Schüler bei Nutzung der generativen KI eingegeben werden dürfen: „Eine medienkompetente Nutzung [der textgenerierenden KI] beinhaltet hier auch, dass die Datenschutzbestimmungen einzuhalten sind, also keine Schülerdaten eingegeben werden dürfen.“ Vgl. https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungsleitfaden_ki_msb_nrw_230223.pdf, S. 9.
  10. Weitere Informationen zum Einsatz textgenerierender KI finden Sie im Bildungsportal des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes NRW (vgl. https://www.schulministerium.nrw/textgenerierende-ki) und in der Publikation Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen. Ein Handlungsleitfaden des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes NRW. Vgl. https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungsleitfaden_ki_msb_nrw_230223.pdf.
  11. Man spricht von Halluzinationen der KI, wenn diese von Daten, mit denen sie trainiert wurde, abweicht und etwas „erfindet“.
  12. Das 4K-Konzept (engl. 4C) bezieht sich auf die vier Kompetenzbereiche, die für die Bildung im 21. Jahrhundert als besonders wichtig erachtet werden: Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation und Kollaboration.
  13. Zu den praktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Nutzung einer KI vgl. https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungsleitfaden_ki_msb_nrw_230223.pdf, S. 6.
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Dr. Sandra Pasch

Mitglied des Arbeitskreises Digitale Medien

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